Gedanken über Belichtung und deren Auswirkung auf die Resultate

von Peter Pischler

Ich mache mir wahrscheinlich viel zu viele Gedanken. Die meisten Kameras haben toll funktionierende Vollautomatik- und Halbautomatik Funktionen, es kann also eh kaum etwas schief gehen. Aber trotzdem, ein paar meiner Gedanken möchte ich doch zu Papier bringen. Ob es dann jemand lesen wird - steht auf einem anderen Blatt…

Welche Faktoren beeinflussen die Belichtung und mit welchen Auswirkungen muss ich rechnen:

Faktoren:

  • ISO Einstellung
  • Blende
  • Verschlusszeit
  • eventuelle Belichtungskorrektur (falls nicht auf null gestellt)

Auswirkungen:

1. ISO Einstellung:

a. Genau wie bei Filmen zu analogen Zeiten bewirkt eine höhere ISO Einstellung eine gröbere Körnung, heute "Rauschen" genannt.

b. Die Vorteile höherer ISO Einstellungen sind mögliche kürzere Belichtungszeiten (weniger Verwacklung) und / oder kleinere Blenden (größere Schärfentiefe).

2. Blende:

a. Die Blendeneinstellung steht in direktem Zusammenhang mit der Belichtungszeit und der Schärfentiefe.

3. Verschlusszeit (Belichtungszeit):

a. Die Verschlusszeit steht in direktem Zusammenhang mit der Blende (und damit in indirektem Zusammenhang mit der Schärfentiefe), die Auswirkungen sind das mögliche "Einfrieren" sich schnell bewegender Objekte, der größte Nachteil ist sicher die mit längeren Belichtungszeiten verbundene Verwacklungsgefahr, bzw. Bewegungsunschärfe. Als (relativ grobe) Faustregel sagt man, "Brennweite geht noch" (also 1/50 Sek bei Brennweite 50mm kann man noch ruhig halten, bei 400mm Brennweite benötigt man da bereits 1/400 Sek.

Achtung: diese Faustregel ist für das Kleinbildformat erstellt worden, also für "Voll-Format-Sensoren". Da aber die Sensoren sehr vieler Digitalkameras kleiner, oft wesentlich kleiner als 24x36mm sind, also einen sogenannten "Crop-Faktor" innehaben, muss dieser bei der o.g. Faustregel beachtet werden. Schließe ich zum Beispiel ein 300mm Objektiv an eine Digitalkamera mit Crop-Faktor 1,6 an, so bedeutet die Faustregel 300 x 1,6 also 1/480 Sek (nicht 1/300 Sek!!). Bei Crop-Faktor 2.0 sollte ich also mindestens 1/600 Sek verwenden um möglichen Verwacklungen vorzubeugen.

4. Belichtungskorrektur:

a. Da diese vorrangig die Blende und nachrangig die Verschlusszeit beeinflusst, sollten die diesbezüglichen Auswirkungen berücksichtigt werden.

b. Meiner Meinung nach ist es sinnvoller, die Belichtung selbst zu ändern, anstatt der bequemeren und oft auch schnelleren Belichtungskorrektur, über deren Auswirkung (Blende oder Zeit) ich mir nicht absolut sicher bin. Einerseits kann man zwar meistens die Auswirkung der Belichtungskorrektur im Sucher ablesen, andererseits können diese "Auswirkungen" (Veränderung der Blende und / oder Verschlusszeit) einen negativen Einfluss auf die von mir bewusst (zum Zwecke der Bildgestaltung) gewollten Effekte nehmen.

Jetzt bin ich ganz unabsichtlich in Details abgerutscht, eigentlich wollte ich meine Gedanken einfach und allgemein halten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die korrekte Einstellung von Zeit und Blende - in Kombination mit der für den jeweiligen Zweck besten ISO Einstellung - nicht nur die korrekte Belichtung meines Fotos ermöglicht, sondern auch viele gestalterische Möglichkeiten zulässt.

Darüber hinaus gedacht, sollte man sich aber sehr wohl ganz allgemein Gedanken über "richtige Belichtung" machen. Speziell die zahlreichen, fantastisch anmutenden Möglichkeiten digitaler Kameras mit unzähligen Menü-Funktionen und Einstellungskombinationen sollten kritisch auf Sinnhaftigkeit überdacht werden. Wie haben wir bloß jemals mit einer Leica M2 oder Hasselblad 500C oder 500C/M richtig belichtete Fotos machen können? Wenn man so eine alte Leica M2 oder M3 mit einer heutigen DSLR vergleicht, so wäre dies - der Vergleich sei mir gestattet - gerade so als ob man einen Amboss mit einer Mondrakete vergleichen würde, beide sind aus Metall…

Früher gab es ganze Zeiten und ganze Blenden. Heute werden Belichtungszeiten und Blenden elektronisch in oft winzigen Teilwerten eingestellt, angeblich um die Belichtung dadurch noch "genauer" auszuführen. "Genauer" als was?

Was sieht denn eines unserer elektronischen Wunderwerke eigentlich als "genaue Belichtung" an? Antwort: einen neutralen Grauwert. Ist das sinnvoll? Wenn man die Kamera auch nur ein paar Zentimeter nach links oder rechts verrückt, dann ändern diese Wunderwerke sofort die Belichtung (den Lichtwert EV) um dem angestrebten neutralen Grau ja wieder möglichst nahe zu kommen. Ist dies sinnvoll? Es hat sich doch am Licht nichts geändert, oder? Egal in welche Richtung ich mich (mit meiner Kamera) auch drehe, überall herrscht (wenigstens für einige Zeit) das gleiche Licht. Wozu diese ständige automatische Nachjustierung? Helle Teile sollen hell sein, Schatten und andere dunkle Teile des Bildes sollen auch ruhig dunkler sein, wozu diese ewige Nachjustiererei? Von Motiven, bei denen das Hauptmotiv krass von neutralem Grau abweicht, will ich gar nicht sprechen, das Problem kennt ihr eh alle von Schnee- oder dunklen Waldaufnahmen, wo man die strahlende Helligkeit oder die düstere Waldstimmung bewusst, so wie sie ist, festhalten möchte. Bewusst, also GEGEN den Willen meines elektronischen Wunderwerkes.

Das klingt ketzerisch, altmodisch, ich weiß. Was ich in dem Zusammenhang nicht verstehe, wieso hängen so viele alte "Meisterfotos" in Museen und Ausstellungen, wieso gefallen uns die Fotos dieser alten Meister? Sie wurden doch mit - für die heutige Zeit - höchst primitiven Geräten erstellt.

Wie gesagt, das sind eh nur so meine Gedanken…

Es steht einem Jeden frei, sich weitere Gedanken über dieses Thema zu machen, oder eben auch nicht…

Als Anregung dazu - oder eben auch nicht - kann ich ja noch Folgendes beisteuern:

Nehmen wir an, ich soll / muss / darf eine Art Reportage fotografieren, eine Hochzeit, ein Fußballspiel meines Ortsvereines, einen Ausflug in den Zoo oder Ähnliches. Bei solchen Anlässen sollte man möglichst schnell sein, zum Nachdenken über diverse Belichtungskombinationen und -einstellungen bleibt da kaum Zeit, Flexibilität bezüglich Brennweite, korrekter Belichtung - natürlich in Verbindung mit perfekter Schärfe - ist gefragt.

Ich stelle mir für diese Fälle die Kamera immer bereits vorher ein, ausgerichtet auf das zu fotografierende Thema.

Welchem der o.g. Kriterien gebe ich dabei den Vorzug? Der Blende?, der ISO Einstellung?, der Belichtungszeit?

Blende = Schärfentiefe, auf die kann ich, von einigen gestellten Aufnahmen, für die ich mir aber eh Zeit nehmen kann einmal abgesehen, verzichten. Ich wähle also eine "vernünftige" Blende, für mich ist das (für diese Art der schnellen Reportage Fotografie (die meiner Wildlife Fotografie vom Ablauf her nicht unähnlich ist), die größtmögliche Blende, von der ich weiß, dass sie die optischen Probleme des Objektives ausschaltet oder zumindest vernachlässigbar vermindert. Je nach Objektiv kann das f/4.0 oder f/5,6 sein.

Belichtungszeit = verwackelte oder scharfe Fotos, da muss ich "scharfen" Fotos eindeutig den Vorzug geben. Also (wie auch aus der Blendeneinstellung oben bereits hervorgeht) stelle ich die Kamera auf AV (= Zeitautomatik = "Aperture Value" = Blendenwert, das heißt ich stelle die Blende (den AV) fix ein, die Kamera gibt mir die korrekte (nach neutralem Grauwert berechnete) Verschlusszeit dazu.

So weit, so gut. ISO Einstellung: jetzt wird’s schon schwieriger. Da ich mit unterschiedlichem Licht rechnen muss, Licht und Schatten, Sonne und dunkle Wolken, offenes Gelände oder unter (dunklen) Bäumen, sollte diese möglichst flexibel sein, ansonsten kann es mir passieren, dass die von der voreingestellten Blende abhängige Belichtungszeit zu lang wird und meine Aufnahmen "verwackelt" sind. Fragt jeden Sportfotografen wie leicht das passieren kann! Was ist die Lösung? Antwort: eine flexible ISO Einstellung (ISO Automatik), die sich selbst an die Gegebenheiten anpasst, sprich, mir innerhalb eines von mir selbst gewählten ISO Bereiches (Limits) stets denjenigen ISO Wert einstellt, der mir die kürzeste (sprich verwacklungsfreie) Verschlusszeit ermöglicht. Moderne Kameras garantieren in diesem Fall "mindestens Brennweite" (also bei 200mm mindestens 1/200 Sek), allerdings ohne den Crop-Faktor in Betracht zu ziehen, aber damit kann ich ganz gut leben.

Noch einmal: ein scharfes Foto mit etwas mehr Korn (Rauschen) und geringerer Schärfentiefe ist mir in jedem Fall lieber als ein durch Verwacklung oder Bewegungsunschärfe verursachtes unscharfes Foto mit weniger Korn und mehr (Un-) Schärfentiefe!

Fotografen, welche meist vom Stativ fotografieren, können den von mir genannten Begriff "Verwacklung" einfach mit "Bewegungsunschärfe" ersetzen, beides ergibt ähnliche (schlechte) Resultate. Und natürlich hilft die heutige, moderne Bildstabilisierung ein wenig bei diesen Problemen, können diese aber (noch) nicht restlos ausschalten. Und natürlich gebe ich zu, dass man mit modernster Bildbearbeitungs-Software manchen beim Fotografieren gemachten Fehler wieder "reparieren" kann. Es ist aber meine feste Meinung, dass nur ein gutes, einwandfreies Original ein gutes (bestes) Endresultat liefern kann!

Ich werde mir sicher weiterhin Gedanken über solche Dinge machen, diese dann aber lieber für mich behalten. Außer - es möchte jemand daran teilhaben…

Peter Pischler