Gedanken über Blitzlicht-Fotografie 

von Peter Pischler

 

Moderne Computerblitzgeräte sind technische Wunderwerke, welche fast alles vollautomatisch regeln können. Trotzdem - oder gerade deshalb, vielleicht weil man die Vollautomatik einmal / manchmal überlisten möchte - sollte man Grundsätzliches darüber wissen und die Zusammenhänge verstehen. Trotz aller technischen Raffinessen ist ein Blitzgerät nur eine Lichtquelle, sonst nichts. Wenn ich also zum Fotografieren Licht benötige, oder zusätzliches Licht, weil ich mit dem vorhandenen Licht nicht auskomme, dann ist ein Blitzgerät eine der vielen Möglichkeiten Licht - mehr Licht - zu schaffen. Andere Möglichkeiten, die man als Fotograf durchaus in Betracht ziehen sollte, sind Lampen, Leuchten, Aufhellschirme (reflektierende Flächen), Spiegel; sogar Taschenlampen, Kerzen und ähnliche Lichtquellen können verwendet werden und ergeben oft interessante Effekte und Resultate. Der eine oder andere wird mit diesen alternativen Möglichkeiten experimentieren wollen und sicher interessante Ergebnisse erzielen, welche sich von einem Standard-Automatik-Blitzfoto angenehm abheben können.

Da es weit über die zeitlichen und aufwandmäßigen Möglichkeiten eines solchen Aufsatzes hinausgehen würde, alle technischen Finessen und Zusammenhänge super-moderner elektronischer Blitzgeräte verschiedenster Marken zu erklären, und solche Blitzgeräte ohnehin mit einer mehr als 100-seitigen Anleitung geliefert werden (oder diese online zum Selbstausdruck zur Verfügung steht, Kosten werden ja heutzutage gerne auf den Konsumenten abgewälzt) werde ich mich hier auf „manuelles Blitzen“ konzentrieren, davon kann man dann das eine oder andere für sich ableiten.

Blitz ist Licht, entweder alleiniges oder zusätzliches. Aber was ist Licht und was muss man im Zusammenhang mit Fotografie darüber wissen? Egal ob ich zur korrekten Belichtung (denn diese ist das Ziel) eine Taschenlampe oder ein starkes Blitzgerät verwende, gewisse physikalische Eigenschaften des Lichtes sollte man kennen. Zwei dieser Eigenschaften wollen wir näher betrachten.

1. Farbe des Lichtes

2. Stärke des Lichtes

1. Farbe des Lichtes: Der automatische Weißabgleich (AWB) der meisten Kameras kümmert sich vollautomatisch um die Einstellung der richtigen Farbtemperatur, aber natürlich nur beschränkt, speziell in schwierigen Lichtsituationen und / oder Mischlicht, sollte man manuell eingreifen.Wer in RAW fotografiert, kann die Farbtemperatur hinterher, während der Fotobearbeitung, noch sehr gut nachregeln, auch partiell. Bei Aufnahmen im JPEG-Format ist dies nur sehr beschränkt möglich. Elektronische Blitzgeräte sind auf 5500 - 6000K (Grad Kelvin) eingestellt. Das entsprich fast genau normalem Tageslicht . Einige Lichtquellen in Kelvingraden: von niedrig (gelb) nach hoch (blau):

a. Kerze: 1500K

b. 100W Glühlampe: 2800K

c. Halogenglühlampe: 3200K

d. Spätabendsonne: 3400K

e. Leuchtstoffröhre: 4000K

f. Vormittags- und Nachmittagssonne: 5500K

g. Computerblitzgerät 5500-6000K

h. Mittagssonne: 5500-5800K

i. Blaue Stunde: 9000-12000K

Wenn wir jegliches Umgebungslicht ausschalten können / könnten (dies ist in professionellen Studios möglich, sogar die Einstelllichter von Blitzanlagen werden für den Moment der Belichtung ausgeschaltet), dann würden mit Blitzlicht gemachte Aufnahmen, bei einer entsprechenden Weißabgleich-Einstellung, ein farblich korrektes Bild ergeben. Im Amateurbereich ist dies nicht immer möglich, sodass meist andersfarbiges Umgebungslicht (entweder Tageslicht oder Lampenlicht) dazu gemischt ist. Ein unter diesen Umständen durchgeführter manueller Weißabgleich wird einen Kompromiss der verschiedenen Lichtquellen ergeben, mit dem Resultat, dass keine Lichtquelle völlig richtig dargestellt wird. In solchen (Mischlicht-)Fällen ist es besser, die Weißabgleich Einstellung der Kamera auf das Hauptlicht (wahrscheinlich der Blitz) einzustellen, und die Einflüsse der anderen Lichtquellen hinterher, bei der Bearbeitung, entweder zu belassen oder dementsprechend zu filtern. Wenn man nur mit Kunstlicht fotografiert (also ohne Blitz, z. B. nur mit Leuchten) so sollte man die Weißabgleich-Einstellung dieser Lichtquelle anpassen. Achtung: unterschiedliche Lampentypen haben oft sehr unterschiedliche Farbtemperaturen!

Wer - z.B. aus Schärfentiefe-Gründen - mit kleiner Blende fotografieren will, hat einen hohen Lichtbedarf. Mit jeder Blendenstufe verdoppelt sich der Lichtbedarf, sofern man diesen nicht durch eine Änderung der Belichtungszeit oder des ISO-Wertes ausgleichen kann.

Angenommen ein Motiv wurde mit 1.000 Watt korrekt ausgeleuchtet und man möchte jetzt (z.B. aus Schärfentiefe-Gründen) 3 Blendenstufen abblenden, dann werden jetzt 8.000 Watt benötigt!

Damit sind wir auch schon bei Punkt 2, der Lichtintensität, angekommen.

2. Stärke des Lichtes: Die diesbezüglich wohl wichtigste Tatsache (Regel) ist „Licht nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab!

Der Reihe nach: Eine punktförmige Lichtquelle strahlt Licht in JEDE Richtung gleichmäßig ab. Natürlich sind ein Blitzgerät mit seinem ausgeklügelten Reflektor, oder Fotoleuchten mit silbernen oder weißen Reflektoren, keine punktförmigen Lichtquellen. Dies ändert aber NICHTS an physikalischen Tatsachen. Wenn wir also in einem Meter Abstand einer punktförmigen Lichtquelle ein Quadrat (egal wie groß) anbringen, so wird dies eine bestimmte Lichtmenge aufnehmen. Wir nehmen diese Lichtmenge als 100%. Dies ist unabhängig davon, wie hell diese Lichtquelle leuchtet.

Da die Lichtstrahlen nicht parallel sind sondern gleichmäßig in jede Richtung abstrahlen, wird die beleuchtete Fläche umso größer, je weiter ihr Abstand von der Lichtquelle ist. Bei 2 Meter Abstand wird eine Fläche von 2 x 2 Quadraten beleuchtet. Diese Fläche ist also 4 Mal so groß als die Fläche bei einem Meter Abstand! Die Lichtenergie (die von der Quelle abgestrahlte Helligkeit) wird jetzt auf eine 4 Mal so große Fläche verteilt und beträgt damit nur mehr 1/4, also 25%.

Bei 3 Meter Abstand wird eine Fläche von 3 x 3 = 9 Quadraten ausgeleuchtet. Diese Fläche wird jetzt also nur mehr mit 1/9 der Lichtintensität (verglichen mit der Fläche in 1m Abstand) angeleuchtet, also nur mit (1 geteilt durch 9) 11,1%.

Bei 4m ist nur mehr 1/16 der Lichtmenge vorhanden (also 6,25%), bei 5m 1/25 (also 4%), nach 10m beträgt die Lichtausbeute nur mehr 1% (!!) der Lichtintensität, welche bei 1m Entfernung vorhanden war. EIN Prozent!

Wie wir daraus ersehen können, wird der Lichtverlust mit wachsender Entfernung geringer, zwischen dem ersten und zweiten Meter haben wir 75% der Lichtintensität verloren, zwischen dem 5. Und 6. Meter aber nur 1,3%.

Wie wir alle wissen, erfordert die Halbierung oder Verdoppelung der Lichtmenge die Korrektur einer ganzen Blende. Da Licht jedoch im QUADRAT der Entfernung abnimmt, sonach nach jeder Verdoppelung der Entfernung (also von 1 auf 2m, von 2 auf 4m, von 4 auf 8m usw.) nur mehr ein VIERTEL der vorigen Lichtmenge zur Verfügung steht, erfordert jede Verdoppelung des Abstandes (von der Lichtquelle zum Objekt, ausgehend von der Entfernung von einem Meter, die wir ja als 100% festgelegt hatten) eine Korrektur von 2 (zwei) Blenden!!!

Da die Belichtungszeit in der Blitzfotografie von untergeordneter Bedeutung ist (das wird glich noch genauer erklärt), konzentrieren wir uns hier auf Belichtungs-Korrekturen mittels Blende.

 

Wenn wir also (angenommen) unser Objekt (sagen wir eine Person) in einem Meter Entfernung der Lichtquelle aufbauen und dieses mit Blende 22 korrekt belichtet ist (dies ist abhängig von der Stärke der Lichtquelle), dann müssen wir, wenn wir unser Model sukzessive weiter nach hinten (also weiter weg von der Lichtquelle) bewegen, oder die Lichtquelle weiter vom Model entfernen, bei 2m Entfernung des Models von der Lichtquelle um 2 Blendenstufen aufblenden, also Blende 11 verwenden!

Wenn wir die Entfernung zwischen unserem Model und der Lichtquelle noch einmal verdoppeln, also nun von 2m auf 4m, dann müssen wir wiederum 2 Blendenstufen aufblenden, also von Blende 11 auf Blende 5,6.

Bei einer neuerlichen Verdoppelung der Entfernung, von 4m auf 8m, würden wir bereits Blende 2,8 benötigen!!!

Wie gesagt, das gilt für gleichmäßig abstrahlende Lichtquellen (Leuchten, Lampen etc.), welche nicht durch irgendwelche automatisch verstellbare Reflektoren (z.B. Zoom-Reflektoren moderner Blitzgeräte, welche den Leuchtwinkel - innerhalb gewisser Grenzen - an die eingestellte Brennweite anpasst und so das Licht bündeln um eine höhere Lichtintensität zu erreichen) beeinflusst wird.

Übrigens, verwendet man die Sonne als punktförmige Lichtquelle, so spielt Abstand KEINE Rolle, da die Sonne - für alle praktischen Zwecke - ohnehin „unendlich“ weit entfernt ist!

Ich will eine praktische Anwendung des oben Erklärten für engagierte Fotografen näher erläutern:

Wenn ich mein Objekt 1m vor meiner Lichtquelle (kann auch gerne ein auf „manuell“ eingestellter Blitz sein, welcher nichts automatisch anpasst, sondern einfach immer mit gleicher Stärke blitzt!) aufstelle und der Hintergrund ist 3m hinter dem Objekt, also 4m von der Lichtquelle entfernt, und wenn ich die Stärke meiner Lichtquelle (bei guten Blitzgeräten und / oder Studioblitzanlagen lässt sich die Leuchtstärke in etlichen Halbierungs- oder Verdoppelungsstufen einstellen, zum Beispiel von 1 (voll) bis 1/64 oder 1/128) so wähle, dass mein Objekt mit Blende 22 richtig belichtet ist, dann wird - wegen der 2-fachen Verdoppelung der Entfernung des Hintergrundes von der Lichtquelle im Vergleich mit dem Objekt (1x von 1 auf 2m und noch 1x von 2 auf 4m) - der Hintergrund um 4 (vier) Blendenstufen unterbelichtet (also dunkler) abgebildet werden. Oder - andersrum ausgedrückt - der Hintergrund würde Blende 5,6 benötigen und richtig belichtet zu sein! Allerdings wäre dann das Objekt um 4 Blendenstufen überbelichtet! Mit diesem Wissen kann man Hauptmotiv und Hintergrund kreativ gestalten und den Hintergrund ggf. (fast) gänzlich ausschalten.

Der Hintergrund wird also umso dunkler, je näher das Hauptmotiv an der Lichtquelle steht! 

Gegenbeispiel: Wenn wir das oben genannte Arrangement belassen (Hintergrund ist 3m hinter dem Objekt) aber die Lichtquelle 3m (drei Meter) weiter zurück rücken, sodass sie nun in 4m Abstand (war 1m) zum Objekt und in 7m Abstand zum Hintergrund (war 4m) steht, und wir die Stärke der Lichtquelle soweit erhöhen, dass das Objekt wieder mit Blende 22 korrekt belichtet ist, dann wird der Hintergrund nur mehr mit ca. 1,5 Blenden (war 4 Blenden!) unterbelichtet, wird also um 2,5 Blenden heller sein als bei dem ersten Beispiel. Fazit: je weiter entfernt die Lichtquelle vom Hauptmotiv ist, je heller (nicht je dunkler!!) wird der Hintergrund.

Genug Theorie? Es ist sehr schwierig, über die heutigen Computerblitzgeräte etwas Allgemeines / Praktisches zur Bedienung zu sagen, zu groß sind die Unterschiede, zu verschieden die technischen Einzelheiten bei den diversen Marken und Typen. Sogar die Bezeichnung einzelner Einstellmöglichkeiten und technischer Merkmale kann von Marke zu Marke variieren. Seht euch diesbezüglich bitte die entsprechenden Bedienungsanleitungen an.

Zwei typische Merkmale von Blitzgeräten möchte ich aber doch aufgreifen:

1. Leitzahl und

2. Hi-Speed Einstellung (FP Sync)

1. Leitzahl (LZ): die auf / für Blitzgeräte(n) angegebene Leitzahl bezieht sich normalerweise auf ISO 100 (aber nicht zwingend!) und ermöglicht es (sofern man von der Vollautomatik keinen Gebrauch machen möchte) die richtige Blende für jede Entfernung zu ermitteln.

Kurzer Abstecher in die Automatik: Moderne Blitzgeräte messen das vom Motiv reflektierte Licht durch einen Sensor und steuern so die Leuchtdauer des Blitzes. In Verbindung mit dafür geeigneten Kameras kann die Lichtmenge auch durch das Objektiv, „Through The Lens“, also TTL) gemessen und gesteuert werden. Für diese Art der Belichtungsregelung ist kein Wissen um die Leitzahl erforderlich.

Mit der Leitzahl kann die (maximale) Blitzreichweite, und / oder die erforderliche Blende für eine bestimmte Entfernung innerhalb der Blitzreichweite, ermittelt werden.

Leitzahl / Entfernung = benötigte Blende (wie gesagt, bei normalerweise ISO 100 (leider halten sich nicht alle Hersteller von Blitzgeräten daran) Leitzahl / eingestellte (gewünschte) Blende = Entfernung.

1. Beispiel: Mein Blitzgerät hat eine LZ von 42, mein Objektiv eine Anfangsblende (größte Blende) von f/2,8 LZ / Blende ist Entfernung, 42 / 2,8 = 15, ich kann damit also bis zu einem Objektabstand von 15m korrekt belichten.

Wenn ich bei Blende 2,8 aber nur 6m von meinem Objekt entfernt bin, wird es um zirka 2,5 Blendenstufen überbelichtet sein. Warum? LZ / Entfernung = Blende, also 42 / 6 = 7, ich muss also mit Blende 7 (oder so nahe ich diesem Wert eben komme, heutzutage kann man die Blende in 1/3-Stufen einstellen) belichten!

2. Beispiel: Mein eingebautes Blitzlichtgerät hat nur LZ 18, mein Zoomobjektiv hat Lichtstärke (größte Blende) 1:4,0

Was ist die Reichweite meines Blitzgerätes und wie kann ich diese erhöhen?

Reichweite = LZ / größte Blende, also Reichweite = 18 / 4 = 4,5m

Was kann ich aber tun, wenn ich, zum Beispiel bei einer Hochzeit, nicht näher als 7m an das Geschehen herankomme? Ein stärkeres Blitzgerät verwenden? Habe ich leider nicht!

Die Reichweite meines kleinen Blitzgerätes kann (natürlich) durch eine Änderung (Hinaufsetzen in diesem Fall) der ISO Zahl gesteigert werden. Ich möchte euch nicht mit mathematischen Formeln plagen, die Sache ist so:

Wenn (m)ein Blitzgerät eine bestimmte Leitzahl hat (in meinem Beispielfall LZ 18) und diese für ISO 100 gültig ist, dann - das wissen wir bereits - ist die größtmögliche Entfernung LZ / größtmögliche Blende, also im Beispielfall 18 / 4 = 4,5m

Da ich aber Blende f8,0 verwenden möchte, muss ich die maximale Reichweite für Blende f8,0 ausrechnen, also 18 / 8 = 2,25m

Es gibt einen jeweiligen Faktor für die verschiedenen ISO Einstellungen, mit dem ich die derzeitige maximale Entfernung (in unserem Fall also die 2,25m!) multiplizieren muss, um die maximale Reichweite bei der jeweiligen ISO Einstellung zu berechnen. Diese Faktoren sind (wie gesagt, ausgehend davon, dass die LZ vom Hersteller des Blitzgerätes für ISO 100 angegeben ist!):

ISO 100 = 1,0

ISO 200 = 1,4

ISO 400 = 2,0

ISO 800 = 2,8

ISO 1600 = 4,0

ISO 3200 = 5,7

Dies wissend, kann ich ganz leicht die maximal mögliche Reichweite für unterschiedliche ISO Werte ausrechnen, ausgehend eben von meiner derzeitigen maximalen Reichweite von 2,25m bei ISO 100

ISO 200: 2,25 x 1,4 = 3,15m

ISO 400: 2,25 x 2,0 = 4,50m

ISO 800: 2,25 x 2,8 = 6,30m

ISO 1600: 2,25 x 4,0 = 9,00m

ISO 3200: 2,25 x 5,7 = 12,8m

Wenn ich mir diese Liste ansehe, dann muss ich also für meine gewünschte Entfernung von 7m während der Hochzeit einen ISO Wert zwischen 800 und 1600 einstellen, ISO Werte kann man heute ebenfalls in 1/3 Stufen einstellen, also 800 plus ein Drittel wird ziemlich genau hinkommen.

Bis jetzt habe ich „Belichtungszeit“ noch gar nicht erwähnt. Warum nicht? Weil die Belichtungszeit bei Blitzfotografie eine untergeordnete Rolle spielt. Elektronen-blitzgeräte feuern ihren Blitz mit einer Leuchtdauer von 1/300 bis 1/40.000 Sek. ab. Bei korrekter Einstellung der Blende (Erinnerung, zum besseren Verständnis der Zusammenhänge verwenden wir das Blitzgerät manuell) ist es diese Leuchtdauer (also die Menge des vom Blitz abgegebenen Lichtes) welche für die korrekte Belichtung verantwortlich ist, NICHT die eingestellte Belichtungszeit! Aber, es gibt immer ein Aber, natürlich ist die Belichtungszeit für kreative, anspruchsvolle Fotografen von Wichtigkeit!

Zu diesem Zeitpunkt müssen wir etwas über die „Synchronzeit“ erfahren.

Anmerkung: da nicht mehr alle Kameras mechanische Verschlüsse haben, die neuen elektronischen Verschlüsse aber noch Probleme mit sich bringen, kann es sein, dass das von mir hier Erklärte keine lange, dauerhafte Gültigkeit hat, da elektronische Verschlüsse anders funktionieren. Es würde viel zu weit führen, hier näher darauf einzugehen. Für die meisten sich derzeit auf dem Markt befindlichen DSLRs gilt aber derzeit noch das Folgende:

Synchronzeiten - auch X-Sync - sind die Verschlusszeiten bei denen sich der Verschluss ganz öffnet. Während der Verschluss ganz offen ist, feuert der Blitz und das gesamte Bild (der gesamte Sensor) wird belichtet. Die kürzeste Synchronzeit ist diejenige, bei der der Verschluss noch völlig öffnet, bei der nächstkürzeren Zeit tut es das nicht mehr. Derzeit liegen die Synchronzeiten, je nach Kameratyp, zwischen 1/60 und 1/300 Sek. Das heißt, sollte ich - zum Beispiel bei hellem Umgebungslicht - eine Belichtungszeit von 1/500 Sek. benötigen / wollen und dabei auch den Blitz verwenden, so geht das nicht. Es gibt dafür mehrere Gründe, aber hauptsächlich liegt es daran, dass es technisch sehr aufwendig, teuer und auch platzbedürftig wäre, Verschlüsse zu konstruieren, welche auch bei Verschlusszeiten, welche KÜRZER als 1/250 Sek oder 1/300 Sek sind GANZ öffnen, sodass der Blitz den gesamten Sensor belichten kann.

Was geschieht bei kürzeren Verschlusszeiten? Man muss sich einen modernen Schlitzverschluss (Zentralverschlüsse in Objektiven sind wieder ein völlig anderes Thema, welches ich hier bewusst ignoriere) wie ein Rollo (bestehend aus zwei Teilen, man spricht auch von „Verschlussvorhängen“) vorstellen. Bis zur Kürzesten Synchronzeit (sagen wir von der längsten einstellbaren Belichtungszeit bis zu 1/300 Sek) öffnet sich der erste Verschlussvorhang (das erste Rollo-Teil) von oben nach unten bis der gesamte Sensor freiliegt, jetzt feuert der Blitz mit seiner ohnehin extrem kurzen Leuchtdauer, dann schließt der 2. Verschlussvorhang von oben nach unten.

Bei kurzen Verschluss- (Belichtungs-)Zeiten (kürzer als die kürzeste Synchronzeit) beginnt sich der zweite Verschlussvorhang bereits zu schließen BEVOR der erste unten angekommen ist, es ist also zu keiner Zeit der gesamte Sensor frei! Bei sehr kurzen Verschlusszeiten folgt der zweite Verschlussvorhang dem ersten fast unmittelbar, die Belichtung erfolgt also per schmalem Schlitz, welcher von oben nach unten wandert. 

Genau genommen ist die Belichtungszeit (eigentlich die Verschlussbewegung) also nie kürzer als die kürzeste Synchronzeit. Die kürzere Belichtung des Sensors wird nur durch eine Verschmälerung des von oben nach unten wandernden Schlitzes erreicht. Dies kann, bei sich schnell bewegenden Objekten, wie zum Beispiel einem Rennwagen, zu Bewegungsunschärfe (Objektbewegung) führen, da sich das mit sagen wir 200km/h fahrende Rennauto in der 1/300 Sekunde, die der - wenn auch nur schmale - Schlitz benötigt um von oben nach unten zu wandern, ganze 18cm vorwärts bewegt!

So viel zur Synchronzeit und zu Schlitzverschlüssen! Wo waren wir? Ah ja, bei den Einflüssen der Belichtungszeit auf ein Foto, welches mit Blitzgerät aufgenommen wird. Wenn man mit einer der üblichen Blitzsynchronzeiten von 1/60 oder 1/125 Sek Blitzaufnahmen macht, so sorgt der Blitz für die richtige Belichtung meines Objektes. Solange das Umgebungslicht nicht heller ist als die eingestellte Blende und Synchronzeit (Belichtungszeit) erlauben, ist alles ok. Was aber, wenn das Umgebungslicht (das vorhandene Licht) heller ist? Zum Beispiel bei Aufnahmen im Freien bei strahlender Sonne, oder wenn ich eine Person bei Gegenlicht fotografieren möchte? Oder wenn ich in Innenräumen auch den „Blick durch das Fenster“ richtig belichtet haben möchte. Bei der oben genannten „Standardeinstellung“ würde das Foto überbelichtet sein. In solchen Fällen muss ich die Belichtung so wählen, dass das Umgebungslicht korrekt belichtet wird, und der zugeschaltete Blitz mir trotzdem das erwünschte Ergebnis (z.B. aufgehelltes Gesicht im Gegenlicht, oder richtig belichtetes Mobiliar in einer dunklen Wohnung UND richtig belichtetes Fenster) liefert.

Eine Lösung ist, die Blende / Verschlusszeit-Kombination, sowie die Blitzstärke so zu regeln (einzustellen) dass das gewünschte Ergebnis erreichbar ist. Alles oben Gesagte sollte dabei hilfreich sein.

Es gibt aber noch eine zusätzliche Möglichkeit und die heißt

2. High-Speed Synchronisation (HSS) „High Speed“ bezieht sich auf „schnelle Verschlussgeschwindigkeiten“, also auf kurze Belichtungszeiten, kürzer als die normale Synchronzeit. Vereinfacht ausgedrückt werden mit HSS (Nikon nennt dies FP Sync, wobei das FP für Focal Plane shutter, also Schlitzverschluss, steht), während der schmale Schlitz einer kurzen Belichtungszeit (sagen wir z. B. 1/1000 Sek.) von oben nach unten über den Sensor fährt, mehrere Blitze schnell hintereinander (stroboskop-artig) abgefeuert, sodass während des Durchlaufens des Verschlussschlitzes eine gleichmäßige Beleuchtung (Belichtung der gesamten Sensorfläche) erfolgt. Allerdings trifft dabei das meiste Licht ungenutzt die Verschlussvorhänge, sodass eine wesentliche Reduzierung der effektiven Blitzleistung stattfindet. Abhängig von der gewählten Verschlusszeit (je kürzer, je mehr Licht geht ungenutzt verloren) und dem Abstrahlwinkel des Blitzgerätes, kann dieser Verlust zirka zwischen 50% und 80% betragen! HSS kann also - was den Blitz betrifft - nur für kürzere Entfernungen verwendet werden. Für genaue Details bitte das Handbuch des jeweiligen Blitzgerätes konsultieren.

Wofür ist HSS gut? Durch die Verkürzung der Verschlusszeit kann die Blende weiter geöffnet werden, dadurch kann man auch in der Blitzfotografie die Schärfentiefe (zum Beispiel für ein ansprechendes Bokeh) bewusst und kreativ beeinflussen.

Außerdem hilft HSS bei der Motivaufhellung bei sehr hellem Umgebungslicht oder Gegenlicht. Die kurze Verschlusszeit verhindert eine Überbelichtung der Umgebung.

Eine Alternative zu HSS ist die Verwendung eines Graufilters. Durch den Graufilter wird - von seiner Stärke abhängig - Licht weggenommen, die Belichtungszeit kann dadurch vielleicht wieder auf eine der möglichen Blitzsynchronisationszeiten verlängert werden – z.B. auf 1/200 Sek. Da aber durch das Graufilter allgemein Licht weggenommen wird, wird damit natürlich auch die Lichtleistung des Blitzlichtes reduziert. Dies lässt sich wahrscheinlich mit der Blende regulieren, oder man kann die Leistung des Blitzgerätes vielleicht noch nach oben erhöhen.

Ich hoffe, ich habe euch mit all den Details - die ich eigentlich auf ein absolutes Minimum reduziert habe - nicht verwirrt. Jedes Kameraklub-Mitglied kann sich jederzeit gerne mit Fragen an mich wenden. Oder wir besprechen dieses Thema einmal an einem der Klubabende.

Peter Pischler

PS.: Wer einen Tippfehler findet darf ihn gerne behalten