Gedanken über CCD und / oder C-MOS Sensoren
Untertitel: welche Auswirkungen haben verschiedene Sensorgrößen?

von Peter Pischler

Ich will mir hier ganz allgemeine - den engagierten Fotografen betreffende - Gedanken über dieses Thema machen. Wer technisch interessiert ist und über die (genauen) Unterschiede und Zusammenhänge der unterschiedlichen Sensortypen und -größen etc. etwas wissen möchte, findet im Internet Tausende von Seiten…

Ganz vereinfacht ausgedrückt, ersetzt der Sensor in der digitalen Fotografie den Film, den wir von der analogen Fotografie her kennen. Allerdings speichert der Sensor nicht unsere Fotos, wie es der Film tat, sondern benötigt dazu einen Prozessor und ein Speichermedium, eine Speicherkarte. Der Prozessor verarbeitet das vom Sensor aufgenommene Bild und leitet es an die Speicherkarte weiter. Wenn man im JPEG Format fotografiert, dann ist der Prozessor in etwa mit der früheren "Billig-Foto-ausarbeitung" zu vergleichen. Die vom Sensor aufgenommenen Daten (z.B. - grob gesprochen - Helligkeitswerte, Kontrastwerte, Farbwerte) werden vom Prozessor Pixel für Pixel "verarbeitet" (ein digitaler Prozessor ist eine Mischung aus Hard- und Software) und an das Speichermedium weitergeleitet. Vom Speichermedium (Speicherkarte) können wir die Fotos direkt, ohne weitere Zwischenschritte, am Fernseher oder Computer-Monitor betrachten. Da ich über die Handy-Technologie zu wenig Bescheid weiß, spare ich diese hier bewusst aus. Ich nehme aber stark an, dass die Grundprinzipien die gleichen sind.

Wenn man im RAW-Format fotografiert, dann fällt die "Billig-Ausarbeitung" des Prozessors weg. Die RAW (die rohen, unveränderten) Daten werden so wie sie sind auf dem Speichermedium gespeichert. Darum kann man RAW-Daten auch nicht ohne weiteres sofort als fertiges Foto betrachten. Diese RAW-Daten müssen erst ein (fast möchte ich sagen "professionelles") Fachlabor durchlaufen, das ist unsere Bildbear-beitungs-Software am Computer. Erst dort wird die RAW-Datei zum betrachtbaren JPEG oder TIF etc. Bildformat.

So weit, so gut. Wenden wir uns wieder dem Sensor (unserem "digitalen Film") zu. Da gibt es jede Menge - von der Industrie, die es bekanntlich immer nur gut mit uns meint, NEIN, Blödsinn, die immer nur unser Geld haben möchte, bewusst belassene - Verwirrungen. Ein gutes Beispiel sind die unzähligen Sensor-Größen.

Um diese zu verstehen, muss man ein wenig zurückschauen. Vorgänger der CCD Chips waren Bildaufnahmeröhren (für Video-Aufzeichnung), deren Glaskolben-Außendurchmesser (!) in Zoll (ein Zoll, auch Inch genannt ist 25,4mm) gemessen wurde. Wohlgemerkt, der Außendurchmesser, NICHT die zur Aufzeichnung zur Verfügung stehende Fläche. Diese nutzbare Fläche bei einer "ein Zoll Röhre" hat eine Aufnahmefläche von 13,2 x 8,8mm (= 116mm2) mit einer Diagonale von fast genau 16mm.

Natürlich ist dies unlogisch und verwirrend. Wenn ein 1" (ein Zoll = 25,4mm) Sensor eine Diagonale von 16mm hat, so steht dies in überhaupt keinem logischen Zusammenhang mit dem Zollmaß von 25,4mm und so weiter. Aber, diese "Zoll-Bezeichnungen" wurden, aus welchem Grund auch immer, für CCD-Chips und später auch für C-MOS Chips - unsere heutigen Sensoren - übernommen.

Sehen wir uns die gängigen Chip (=Sensor) Größen einmal im Vergleich an:


Sogar die Zoll-Angaben selbst sind bereits verwirrend, siehe z.B. oben links:

1/3,2" - das soll heißen "ein 3,2tel" Zoll, also der 3,2te Teil von 25,4mm ( = 7,94mm). Ihr erinnert euch, das ist der Außendurchmesser des Glaskolbens der Bildaufnahmeröhre aus alten Tagen, ich spreche da von den 50er und 60er Jahren, CCD Chips wurden Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre erfunden und eingesetzt.

Oben genannter 1/3,2" Chip hat, wie ihr aus der Tabelle entnehmen könnt, eine Fläche von 4,5mm x 3,4mm - was 15,3 mm2 (Quadrat Millimeter) entspricht. Zum Vergleich, einer der heute sehr gebräuchlichen APS-C Sensoren hat (oben, zweite Reihe ganz links) eine nutzbare Fläche von 328,56mm2 - also etwas mehr als das 21-fache!! Und ein moderner Vollformat Sensor hat 864mm2 Sensorfläche, also das 56,4-fache des 1/3,2" Chips und die 2,6-fache Fläche eines APS-C Sensors.

Was bedeutet das für uns?
1. Wir sollten uns durch die irreführenden Angaben in Zoll nicht täuschen lassen, das
    Zollmaß eines Sensors hat mit der tatsächlichen Größe (Fläche oder Diagonale)
    absolut nichts zu tun, es ist nur eine Bezeichnung!
2. Die Sensor-Größe hat direkte Auswirkungen auf die an dieser Kamera verwendeten
    Objektive:
Und zwar in Bezug auf den sogenannten Format-, Crop- oder Brennweiten-
Verlängerungsfaktor
, einigen wir uns auf "Crop-Faktor", ok?
Dieser Crop-Faktor ist bei weitem nicht so einfach und klar wie es auf den ersten
Blick scheint, vereinfacht gesagt geschieht folgendes:
    a. Jedes Objektiv bildet kreisförmig ab, dies wird "Bildkreis" genannt.
    b. Der Bildkreis ist die runde Fläche welche ein Objektiv abbilden kann
        (idealerweise ohne Vignettierung und ohne Abbildungsfehler)
    c. Da wir beim Crop-Faktor immer vom gewohnten 24 x 36mm Kleinbildformat
        ausgehen (dieses hat Crop-Factor 1, also KEINEN), müssen wir bei unseren
        Betrachtungen auch den entsprechenden Bildkreis mit einem Durchmesser
        von 43,27mm (das ist die Diagonale des 24 x 36mm Formates, errechnet nach
        Pythagoras: √ aus a2 + b2 = C (C = die Diagonale des 24 x 36mm Kleinbild-
        Formates), also √ (24*24) + (36*36) = 43,2666 (wird gekürzt auf 43,27)
        ausgehen.
    d. Vereinfacht ausgedrückt nützt das Kleinbildformat 24 x 36mm die maximal
        mögliche Fläche des Bildkreises mit dem Durchmesser von 43,27mm aus,
        dies entspricht zirka 59% der Fläche des Bildkreises.
    e. Was passiert, wenn der Sensor einer Kamera (also der "Film", das Bildformat)
        kleiner als 24 x 36mm ist? Nehmen wir als Beispiel den bei supermodernen
        Kompaktkameras sehr beliebten 1" (ein Zoll) Sensor. Dieser hat, wie wir der
        obigen Tabelle entnehmen können, ein nutzbares Format von 13,2 x 8,8mm
        mit einer Diagonale von 16mm, also einen Crop-Faktor von 2,7
    f. Wie komme ich auf den Crop-Faktor von 2,7 und welche Auswirkungen hat
        dies?
        Der Crop-Faktor errechnet sich aus den unterschiedlichen Bilddiagonalen,
        also das Verhältnis der größeren Diagonale zur kleineren, also 43,27mm
        (Kleinbild, Vollformat) zu 16mm (ein Zoll Sensor), also 43,27/16 = 2,7
        Jedes Objektiv, das ich auf der "ein Zoll Kamera" verwende (meist haben die
        zwar kein Wechselobjektiv, aber für unser Beispiel hier ist das egal) ist
        diesem Crop-Faktor von 2,7 unterworfen.
        Anmerkung: das stimmt nicht ganz genau, da der Crop-Faktor nicht über alle
        Brennweiten (eigentlich Bildwinkel) linear verläuft, sondern nach der
        Tangens Funktion, außerdem stimmt er nur bei Einstellung auf unendlich,
        aber für unsere Verständnis-Zwecke genügt es vollkommen.
    g. Was ändert (bewirkt) der Crop-Faktor:
           i. die Brennweite des Objektives? NEIN, nur scheinbar. Ein 100mm
              Objektiv bleibt immer ein 100mm Objektiv, egal an welcher Kamera!
          ii. Die Blende? Nein, bleibt für die richtige Belichtung unverändert
         iii. Die Lichtstärke des Objektives? Nein, bleibt unverändert
         iv. Es ändert sich der Bildwinkel und damit der Bildausschnitt, und zwar
              um ebendiesen Crop-Faktor!
    h. Wenn ihr euch den Bildkreis der Kleinbildkamera (einer Digitalkamera mit
        Vollformatsensor), sagen wir mit einem 50mm "Normalobjektiv", mit einem
        Bildkreis-Durchmesser von 43,27mm vorstellt, dann wäre der darin enthaltene
        Bildkreis eines Objektives mit einem 1" (ein Zoll) Sensors nur 16mm!! Ich
        bilde also nur 1/2,7tel des Kleinbildbildkreises ab, gerade so, als ob ich einen
        entsprechenden Ausschnitt aus dem Kleinbild-Foto machen würde, oder eben
        gerade so, als ob ich die Aufnahme nicht mit einem 50mm Objektiv sondern
        mit einem 135mm Objektiv (50 x 2,7 = 135) gemacht hätte.
    i. Zusammengefasst bedeutet dies, je größer der Crop-Faktor, je kleiner der
       Bildwinkel, je kleiner der Bildausschnitt.

        Abbildung Bildkreis, Vergleich Vollformat zu APS-C

        Die Abbildung oben hat zwar den "1 Zoll Sensor" nicht eingezeichnet, der
        Bildkreis dieses Sensors hat - wie bereits gesagt - einen Durchmesser von
        16mm, der mittle (kleinste) Kreis oben (des beliebten APS-C Sensors) hat
        einen Durchmesser von 27,3mm, ihr könnt euch also einen 16mm Kreis sicher
        gut vorstellen.

    3. Die Sensorgröße hat aber noch andere Auswirkungen:
        a. auf die Dichte der Pixel
            Ein Vollformatsensor hat eine Fläche von 864mm2
            Wenn wir von einer 20MP Kamera (20 Megapixel = 20 Millionen Pixel = ein
            Bildformat von zirka 5.500 x 3667 Pixel im Format (Verhältnis) 2:3)
            ausgehen, so kommen bei dem Vollformatsensor etwas über 23.000 Pixel auf
            jeden Quadrat-Millimeter!
            Ein 1" (ein Zoll) Sensor hat (siehe Tabelle oben) nur 116 mm2
            Es gibt 1" Sensoren mit 20 MP, dabei kommen dann 172.414 Pixel auf jeden
            Quadrat-Millimeter. Diese 7,5-fach höhere Pixeldichte (172.414 / 23.000 =
            7,496) führt unweigerlich zu höherem Bildrauschen und anderen Nachteilen,
            deren Aufzählung und Erklärung den Rahmen dieses kurzen Gedankenaustausches
            sprengen würde. Ich bin aber sicher, dass der (negative) Einfluss
            kleinerer Sensoren in Verbindung mit hoher Pixeldichte klar hervorgeht und
            verständlich ist. Falls nicht - bitte melden… ☺
        b. Weiters hat der Formatfaktor auch einen Einfluss auf die Schärfentiefe. Diese
            verringert sich bei einem Formatfaktor welcher größer als Eins (>1) ist. Um
            mit einer Kamera mit kleinerem Sensor, also einer Kamera mit Crop-Faktor,
            die gleiche Schärfentiefe wie mit einer Kamera mit Vollformatsensor, zu
            erreichen, muss man die Blende um den Crop-Faktor verkleinern, also die
            Blendenzahl mit dem Crop-Faktor multiplizieren.
            BEISPIEL: würde ich auf einer Vollformatsensor-Kamera (Kleinbildkamera)
            Blende 8 verwenden und wäre ich mit der auf diese Art erreichten Schärfentiefe
            zufrieden, so müsste ich bei der 1" (ein Zoll) Kamera (mit Crop-Faktor
            2,7) die Blendenzahl 8 mit 2,7 multiplizieren, also Blende 22 (8 x 2,7 = 21,6 =
            Blende 22) verwenden um die GLEICHE Schärfentiefe zu erreichen.
        c. Zu guter Letzt muss natürlich auch die Faustregel, dass die längst-mögliche
            Belichtungszeit OHNE Verwacklungsgefahr mindestens dem Bruchteil der
            verwendeten Brennweite entsprechen sollte (also bei einem 200mm Objektiv
            1/200 Sekunde) um den Formatfaktor angepasst werden. Verwende ich ein
            200mm Objektiv auf einer DSLR mit APS-C Sensor (Crop-Faktor 1,6) so
            würde die Faustregel nun 200 x Crop-Faktor, also 200 x 1,6 - also 1/320 Sek
            heißen (und nicht mehr 1/200 Sek!!).

Hat ein kleinerer Sensor auch Vorteile? Natürlich, viele sogar. Je kleiner der Sensor umso kleiner (und leichter) kann die Kamera und das entweder fest eingebaute oder separate Wechselobjektiv sein! Kompaktkameras (und Handys) benützen daher kleine und kleinste Sensoren.
Ein weiterer Vorteil (wenn ich so will, wenn ich daran interessiert bin) ist die oben besprochene scheinbare Brennweiten-Verlängerung (erreicht durch den kleineren Bildwinkel), welche mir ein längeres Tele und / oder eben einen größeren Brennweitenbereich beschert. So hat - nur so als Beispiel - die Canon Powershot SX50HS Kompaktkamera ein 50-fach Zoomobjektiv von 4,3mm bis 215,0mm, welches bei einer Kleinbildkamera (bei einer Vollformat-Sensor Kamera) von 24mm bis 1.200mm (!) entsprechen würde.

All dies ist - natürlich - mit den oben erläuterten Nachteilen des Bildrauschens und diversen anderen Qualitätsverlusten, welche von der hohen Pixeldichte eines kleinen Sensors verursacht werden, verbunden. Man wird also stets einen für sich und seine Zwecke annehmbaren Kompromiss aus Größe, Gewicht, Handlichkeit und Qualität (Bildqualität!) finden müssen.

Bei der derzeitigen rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der Chip-Technologie ist es zu erwarten, dass wir in einigen (wenigen) Jahren eine kleine, leichte Kamera mit 50- oder sogar 100-fach Zoom, mit 40 oder mehr Megapixel Auflösung, bei gleichzeitig sehr gutem Rauschverhalten, in den Händen haben werden. Natürlich müssen die Kamerahersteller immer einen annehmbaren Kompromiss zwischen dem technisch Möglichen und dem Preis finden.
Aber, die rasante Weiterentwicklung auf dem Bildbearbeitungs-Software Sektor wird auch das ihrige dazu tun, um eventuell weiterhin bestehende "Schwächen" der Hardware weitgehend oder sogar ganz zu eliminieren.

Ok, ok, ich höre ja schon auf, viel Spaß beim noch einmal Lesen,

Peter Pischler